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s gibt einige Verhaltensweisen bei Tigern die uns etwas merkwürdig vorkommen. Diese Verhaltensweisen kann man zwar meistens auch bei Hauskatzen beobachten, aber sie erscheinen uns bei einem Tiger meistens noch suspekter. Es gibt zahlreiche solcher Phänomene, jedoch werde ich nur einige Aufgreifen.

Vielleicht hat schon jemand beobachtet, daß ein Tiger vor einem Objekt steht und seinen Kopf rhythmisch von einer zur anderen Seite bewegt. Ob es sich bei diesem Objekt um einen Artgenossen, ein Beutetier oder einen Menschen handelt sei hier einmal dahin gestellt. Dieses Verhalten deutet darauf hin, daß der Tiger kurz davor steht das betreffende Objekt anzuspringen. Dies ist aber kein willkürliches Verhalten, sondern hat einen interessanten Zweck. Das in der Natur nichts grundlos geschieht sollte man sich immer vor Augen führen. Wenn Sie ein Objekt fixieren und dann Ihren Kopf gleichmäßig und nicht zu schnell seitlich hin und her bewegen, dann werden Sie feststellen, daß je näher sich das betreffende Objekt bei Ihnen befindet, desto mehr verschiebt sich dieses Objekt beim Schwanken des Kopfes. Dieses Kopfschwanken dient also der Überprüfung der Einschätzung des Abstandes. Solche Verhaltensweisen findet man sehr häufig bei Raubtieren die biokular sehen, wie der Tiger dies eben auch pflegt. Aus der Sicht der Optik ist es also ein relativ einfach zu deutendes Phänomen, aber es Zeug dennoch von der enormen Spezialisierung des Tigers als Räuber. Solch ein Verhalten als prinzipiell feindselig zu bezeichnen ist jedoch etwas zu kurz gegriffen. Man sollte immer auf den Kontext achten, denn dieses Verhalten lässt sich auch beim freundschaftlichen Spielen beobachten. Wider der Engstirnigkeit anderer ist es ein Unterschied ob einen ein Tiger knurrend und fauchend abspringt oder ob es spielerisch beim Herumtollen geschieht.

Eine Verhaltensweise, die man sonst nur von Hauskatzen kennt ist das Bringen von gefangener Beute zur Bezugsperson. Genau das selbe Phänomen wurde von privaten "Haltern" eines Tigers beobachtet. So ist mir ein Fall bekannt, bei dem ein Tiger seinem "Halter" (ich scheue eigentlich vor diesem Wort zurück) ein gefangenes Wildschein brachte. Da man solche Verhaltensweisen bedingt durch so seltene Konstellationen nicht sehr oft sehen kann, bin ich nicht in der Lage eine allgemeine Aussage zu treffen. Jedoch ziehe ich Schlussfolgerungen anhand des Verhaltens der Hauskatzen. Bei Katzen (oder Tigern) die in Haushalten leben ist es in der Regel nicht zu beobachten, daß der menschliche "Halter" auf die Jagd geht um Nahrung zu fangen. Die Katze sieht dies Tag ein Tag aus und nach einer gewissen Zeit und in gewissen Perioden bringt die Katze dann ihrem "Menschen" eine gefangene Beute, da der Mensch nach der Beurteilung der Katze wohl nicht in der Lage ist zu jagen. Bei einem Tiger könnte man sagen, daß er besorgt ist. Im Kontext der natürlichen Auslese kann derjenige nicht überleben, der nicht jagen kann - zumindest bei Tigern. Wenn man ein solches Verhalten bei einem Tiger erlebt, dann kann man sich sicher sein, daß der Tiger einem wohl gesonnen ist und möchte das "man" ihm erhalten bleibt.

Bei "normalen" Katzen und auch bei Tigern kann man es immer wieder sehen, daß sie sich immer an den Stellen zu schaffen die gerade Ihre Lieblingsstellen sind. Dies läst sich jedoch relativ einfach erklären. Wenn Sie eine Bindung zu einer Katze (egal ob Tiger oder nicht) aufgebaut haben, dann wird die Katze versuchen auch ein körperliches Kennzeichen der Zusammengehörigkeit zu setzen. Meistens geschieht dies über den Geruch. Sowohl das Reiben der Flanken als auch des Kopfes sollen dazu dienen den Geruch zu vermischen und so einen Familiengeruch zu erschaffen. An Stellen an denen Sie Sich gerne befinden haftet auch Ihr Geruch besonders gut. Gerade dies bringt Ihren Tiger dazu auch gerne dorthin zu gehen, um zum Beispiel die Krallen zu schärfen. So kann es vorkommen, daß der Lieblingssessel schnell zum Kratzbaum wird - gerade bei Tigern fördert dies nicht den Zustand des "Kratzsessels". Aber es ist nicht böse gemeint sondern ehr ein Zeichen von Zuneigung. Wer sich für dieses Zeichen nicht erwärmen kann, der muß entweder geschickt vorgehen oder sollte auf einen Stubentiger oder Tiger lieber verzichten.

Wenn Sie noch Fragen zu diesem Thema haben oder einen Vorschlag für ein weiteres Thema, dann schicken Sie mir einfach eine Email und/oder sehen in das Kapitel „Mißverständnisse und was man wissen sollte...":

© 2001 by Marc "Shir Khan" Meiner