|
|
axonomie ist generell ein kompliziertes Thema. Es gibt heute
noch keine Darstellungsmöglichkeit alle Lebewesen korrekt
darzustellen. Jedoch ist das heutige taxonomische System das
Beste, was die Wissenschaft zu bieten hat. Durch die Jahrhunderte
hindurch hat sich die Einordnung des Tigers immer wieder geändert.
Von der Einteilung Linnés bis zum System Pococks hat
der Tiger zahlreiche Stellungen eingenommen. Die folgende
Darstellung zeigt die taxonomische Nomenklatur des Tiger,
der Nominatform, wie sie Anfang 2002 (n. Chr.) gültig
ist:
Ebene
|
Nr.
|
Bezeichnung
|
EB
|
Beschreibung
|
System |
1
|
Lebewesen
|
|
(gehört nicht zur eigentlichen
Taxonomie) |
Hauptreich |
2
|
Eukaryotae
|
|
|
Reich |
1
|
Animalia
|
|
Tiere; heterotrophe Ernährung; |
Unterreich |
2
|
Metazoa
|
|
Vielzeller |
Teilreich |
3
|
Eumetazoa
|
|
echte Vielzeller |
Unterabteilung |
4
|
Bilateria
|
|
Zweiseitentiere; Mesoderm vorhanden; aktive
Fortbewegung |
Hauptast |
3
|
Deuterostomia
|
|
Neumünder; Mund des frühen Embryos
wird zum neuen After |
Stamm |
1
|
Chordata
|
|
Rückenmarktiere;
Chorda dorsalis: elast. Stab, Darm, RM; Notochord |
Unterstamm |
2
|
Vertebrata
|
|
Wirbeltiere; segmentierte WS;
inneres Achsenskelett; KRS |
Überklasse |
3
|
Tetrapoda
|
HAWORTH
1825
|
Landwirbeltiere; Vierfüssler; |
Klasse |
1
|
Mammalia
|
LINNEAUS
1758
|
Säugetiere; echte Behaarung; Milchdrüsen;
|
Unterklasse |
2
|
Eutheria
|
GILL
1872
|
Plazentatiere; echte Chorion- Allantiosplacenta;
Trophoblast |
Ordnung |
1
|
Carnivora
|
BOWDICH
1821
|
Fleischfresser;
Sohlen-, Halbsohlen- o. Zehengänger; große
Eckzähne |
Unterordnung |
2
|
Fissipedia
|
|
Landraubtiere (Robben sind Pinnipedia) |
Überfamilie |
2
|
Cynofeloidea
|
HOUGH
1953
|
katzen- und hundeartige |
Familie |
1
|
Felidae
|
GRAY
1821
|
Katzen; binokular; einstmals Baumtiere |
Unterfamilie |
2
|
Felinae
|
TROUESSART
1885
|
echte Katzen; völlig einziehbare Krallen; |
Gattungsgruppe |
3
|
Pantherini
|
POCOCK
1917
|
Großkatzen |
Gattung |
1
|
Panthera
|
OKEN
1816
|
echte Großkatzen |
Art |
1
|
tigris
|
LINNEAUS
1758
|
Tiger; (aus dem alten Persisch: bedeutet
Pfeil) |
Unterart |
1
|
tigris
|
siehe *)
|
Nominatform; indischer Tiger; |
RM = Rückenmark; WS = Wirbelsäule;
KRS = Kopf, Rumpf, Schwanz + Kiemenbogen; EB = Erstbeschreiber;
*) da sich die Taxonomie in der Vergangenheit
immer wieder geändert hat, möchte ich hier einen
kurzen Überblick über die taxonomische Historie
des indischen Tigers, der Nominatform, geben. Obgleich Linné
noch von Felis tigris spricht ist seine Nomenklatur
heute gültig, jedoch mit Panthera tigris tigris.
[andere Unterarten]
Jahr
|
Taxonomie
|
Beschreiber
|
Zusatzangaben |
1758
|
Felis tigris
|
Linneaus
|
Sys.Nat. 1, p 41, Ausgabe 10 |
1842
|
Tigris regalis
|
Gray
|
Cat. Mammal Brih. Mus., p. 40 |
1858
|
Tigris straitus
|
Severtzow
|
Rev. Mag. Zool. 10, p. 386 |
1868
|
Tigris regalis
|
Fitzinger
|
SK Ak. Wiss. Wien 58, p. 446 |
1884
|
Felis tigris (montanus)
|
Sterndale
|
Nat.Hist. of the Mammalia of India a. Cyelon,
p. 170 |
Wenn man den Tiger (die Nominatform) exakt wissenschaftlich
benennen müsste, dann würde man zu folgendem Ergebnis
kommen, obgleich diese ausführliche Darstellung selten
verlangt wird:
Animalia Metazoa Eumetazoa Bilateria Deuterostomia
Chordata Vertebrata Tetrapoda Mammalia Eutheria Carnivora
Fissipedia Cynofeloidae Felidae Felinae Pantherini Panthera
tigris tigris
(der Tiger eben *g*)
|
|
|
|
Die Taxonomie ist eine Wissenschaft für
sich und wesentlich aufwendiger als oben dargestellt. Ganze
Einheiten wie Theria (PARKER & HASWELL
1897) oder Tribosphenida (McKENNA
1975) wurden von mir nicht berücksichtigt, da sonst der
Aufwand ins grenzenlose ausufern würde. Eine "absolut"
vollständige Taxonomie gibt es hier!
Diese Taxonomie gilt natürlich nur für die Nominatform.
Es gibt bzw. gab insgesamt sieben Tigerarten. Diese unterscheiden
sich bei der Taxonomie nur in der Unterart, also an der letzten
Stelle der Taxierung. Neuere Erkenntnisse, daß der Sumatratiger
eine eigene Art unterhalb der Panthera ist, lasse ich hier
außen vor, jedoch hätte diese Änderung keinen
Einfluß aus die Einordnung in die Panthera und alle
vorhergehenden Schritte/Ebenen.
Als Anmerkung möchte ich noch einige Fakten über
andere Großkatzen anführen, bevor ich zu den taxonomischen
Systemen komme. Zu den echten Großkatzen möchte
ich mich nur auf den Leoparden beziehen, von dem die Wissenschaft
rund 25 verschiedene Unterarten kennt und benannt hat. Von
den größeren Katzen ist der Gepard die einzige,
welche nicht in die Gattung Panthera eingeordnet wurde.
Der Gepard ist eine Katzenart, die sich früh von den
Felidae getrennt hat und nicht zu den wissenschaftlichen "echten"
Katzen gehört. Der Gepard befindet sich in der Unterfamilie
(2) Acinonychinae. Diese besteht wiederum nur aus der Gattung
(1) Acinonyx mit dem Geparden, wissenschaftliche jubatus,
als Art (1). Summasumarum sind acht Gepardenarten der Wissenschaft
bekannt. Für gewöhnlich ist es üblich, daß
die Nominatform den gleichen Unterartennamen erhält,
den auch die Art trägt, also Acinonyx jubatus jubatus.
wiss. Name
|
Name/Ort
|
Acinonyx jubatus jubatus |
Südafrika |
Acinonyx jubatus rex |
Königsgepard |
Acinonyx jubatus hecki |
Nord-West-Afrika |
Acinonyx jubatus soemmeringi |
Sudan |
Acinonyx jubatus venaticus |
Nordafrika u. Indien |
Acinonyx jubatus rainey |
östliches Afrika |
Acinonyx jubatus velox |
westliches Ostafrika |
Acinonyx jubatus ngorongorensis |
Ostafrika |
Die Stellung des Geparden zu den "echten" Katzen
soll im weiteren Verlauf keine Rolle mehr spielen. Da bei
der Taxonomie der anderen Großkatzen nicht mit weiteren
Besonderheiten gedient werden kann (!!), sollen auch diese
im folgenden nicht mehr erwähnt werden.
|
|
|
|
Es wäre kein vollständiger Einblick
in die Taxonomie des Tigers, wenn ich nicht noch auf den geschichtlichen
Verlauf und die verschiedenen Systeme der taxonomischen Darstellung
eingehen würde. Einige Namen müssen bei diesem Unterfangen
allerdings unbedingt erwähnt werden. Dies wären
natürlich Linné, als auch J. E. Gray, R. I. Pocock,
I. Weigel und Th. Haltenorth. Die vielen anderen Forscher
zu benennen, die sich um dieses Thema verdient gemacht haben,
ist jedoch viel zu umständlich, aber deren Verdienste
sind ebenfalls sehr wichtig gewesen und haben teilweise bis
heute Bestand.
Allgemein sind die Tiere der Ordnung Carnivora bestens dafür
geeignet sich von Fleisch zu ernähren. Nach heutiger
Auffassung vereinigen die Felidae die am besten angepassten
und am höchsten spezialisierten Raubtiere in sich, die
die Welt je gesehen hat. Der Tiger als mächtigste und
größte Form der Katzen ist ein Aushängeschild
für diese Aussage. Zusammen mit der Familie der Canidae
(hundeartige) bilden die Felidae die Überfamilie Cynofeloidea,
welche gleichzeitig die erste Gruppe der rezenten Raubtiere
bildet. Die zweite Gruppe dieser Raubtiere bildet die Superfamilie
Arctoidea, zu der die Familien der Procyonidae, Ursidae (Bären),
Mustelidae (Marder) und Ailuridae (Pandas) gehören. Die
dritte und letzte Überfamilie der Raubtiere sind die
Herpestoidea, zu denen Viverridae (Schleichkatzen), Protelidae
(Erdwölfe) und Hyaenidae zugehörig sind.
Es gibt noch ein ehr progressiver Einteilungsschema, daß
die Felidae in die Überfamilie Feloidea einordnet und
den Carnoidea, wie der Name schon sagt, eine eigene Überfamilie
zugesteht. Ebenfalls die eigene Überfamilie der Mardertiere
ist ein herausstechendes Merkmal dieses Konzepts. Dies konnte
sich jedoch nicht richtig durchsetzen.
Linnés "Systema Naturae"
ist der erster neuere Ansatz, um alle Lebensformen in einem
Schema formal einzuordnen. Nach Linnés Auffassung gehören
alle Katzen (egal ob klein, mittel oder groß), die er
beschrieben hat, zur Gattung Felis. Die Katzen genießen
allerdings keine Sonderstellung. Linné ordnete alle
Raubtier, darunter natürlich auch die Katzen, der Ordnung
Ferrae zu. Eine eigenständige Familie der Katzen wurde
erst 1821 durch J. E. Gray eingeführt und von ihm Felidae
getauft.
Vielmals spricht man auch vom taxonomischen System der Felidae.
Auf diese Weise können Forscher ihre Arbeiten auf dieses
ehr gedachte System beziehen. Lange Zeit sind viele Autoren
daran gescheitert die Einteilung der Felidae zu reformieren,
da sie künstliche Gattungen schufen und sich bei der
Einteilung nicht an der Natur orientierten und aufs grade
Wohl Familien postulierten. Erst R. I. Pocock schuf 1917 eine
neue, in sich schlüssige, Neueinteilung der Katzen. Dieses
Pocock'sche System ist bis heute gültig und ist die Basis
für die Taxonomieseiten meiner Homepage. Bis auf kleinere
Änderungen, die Pocock zum Teil noch selbst vorgenommen
hat, ist dieses System bis heute beständig.
Pocock führte gravierende Veränderungen ein. Unter
anderem spaltete er die Felidae in drei Unterfamilien Pantherinae
(Pantherini), Acinonychinae und Felinae auf. Die Pantherinae
schließen die größten Formen der Katzen,
unter diesen selbstverständlich der Tiger als größte
Katze, ein und sind wiederum in zwei Gattungen, den Panthera
und den Unica (Irbis), unterteilt. Der Gepard ist das einzige
Mitglied der Acinonychinae und die Unterfamilie der Felinae
vereinigt alle anderen Katzen in sich. Pocock machte aber
hier nicht halt und schritt damit fort, daß er die Felinae
in 14 Gattungen zergliederte. Unter dieser 14 Gattungen sind
Katzen wie der Puma, der Luchs und der Nebelparder (Neofelis
nebulosa) zu finden.
Eine größere Änderung an Pococks Grundsystem
wurden von Haltenorth und Weigel berichtet. Der Luchs wurde
von den Felinae getrennt und erhielt eine eigene Unterfamilie
mit Namen Lyncinae. Viele Forscher hielten dies für eine
vollkommen willkürliche Abgrenzung, die jeder Natürlichkeit
entbehrt. Dies mag einer der Gründe sein, warum sich
auch diese Änderung nicht so recht durchsetzen konnte.
|
|
|
|
Alle älteren Felidae-Systems haben
eine ehr statische Auslegung. Aus diesem Grund sind in neuerer
Zeit immer mehr dynamische Einteilungssysteme gefragt. Dies
war vor allem nötig, da die Wissenschaft heute mehr
Mittel zur Verfügung hat, um den Verwandtschaftsgrad
von Tieren zu klären. Angedacht sein hier nur die Möglichkeiten
der Genetik, die schon Diskussionen um den Sumatratiger
ins rollen gebracht hat.
Ein zentraler Punkt bei der Abgrenzung der Großkatzen
zu den kleineren Katzenformen ist nachwievor der Aufbau
der Zungenbeinapparates. Für nähere Informationen
zu diesem anatomischen Merkmal, sollten Sie die Seiten über
die Tigeranatomie
besuchen. Seit Sir Richard Owen 1835 dieses Merkmal bei
Löwen entdeckte diente es als Abgrenzungsmerkmal. Es
ist in der Tat das Herausstechendste, welches bis heute
der Grundstein für die Gattung Panthera ist.
Trotz der Anstrengungen viele renommierter Wissenschaftler,
wie Weigel, Petzsch und Leyhausen, größere Änderungen
an Pococks System vorzunehmen konnte sich dieses hartnäckig
behaupten. Im Weigel'schen System beispielsweise ist der
Nebelparder den Pantherinae zugeteilt. Diese Einteilung
traf Weigel aufgrund der Erkenntnisse ihres Lehrers Haltenorth,
der eine große Ähnlichkeit des Schädels
von Nebelpardern mit dem der Großkatzen feststellte.
Die bisherige Gattung Neofelis wies aber keinen Zungenbeinapparat
wie die Großkatzen aus, deswegen konnte diese Einteilung
nicht stimmen. Es wurden die Luchse von Weigel ebenfalls
den Felinae zugeordnet, was eine zweite große Abweichung
von Pocock darstellte.
Im Bezug auf den Tiger muß auch noch ein Versuch
Leyhausens angeführt werden, den Tiger der Gattung
Neofelis zuzuordnen. Da Leyhausen einer der renommiertesten
Forscher seiner Zeit war, wurde dies zuerst widerspruchslos
angenommen. Nach und nach regte sich jedoch Widerstand gegenüber
dieser Einteilung. Es ist aber bis heute noch im Gespräch,
den Tiger auch hin und wieder als Neofelis tigris zu bezeichnen.
Solche Bezeichnungen sind vor allem in älteren Werken
noch häufig zu finden.
Als letztes zur Taxonomie des Tigers möchte
ich noch auf ein sehr interessantes dynamisches System anführen,
welches von Prof. Petzsch ersonnen wurde. Ohne näher
ins Details gehen zu wollen möchte ich ein Beispiel
für die Anwendung dieses Systems aufzeigen. Bei den
statischen System ist die Einteilung der Katzenarten des
amerikanischen Kontinent sehr widersprüchlich. Durch
die Trennung des Kontinents von Eurasien sind eigene Entwicklungslinien
entstanden die nach Auffassung von Petzsch nicht logisch
diese Katzen vertikal in den taxonomischen Baum einzuordnen.
Es macht mehr Sinn diese Entwicklungslinien als zwei parallele
Säulen zu betrachten. So suchten die Wissenschaftler
Zwillingspaare unter den Katzen. Sie kamen zum Schluß,
daß der Jaguar das Gegenstück um Leoparden der
"alten Welt" ist und das es keine Entsprechung
zum Tiger gibt. Diese Auffassung ist nach Petzsch jedoch
ebenfalls nicht haltbar. Er hält den Tiger für
das Gegenstück des Jaguars und ordnet dem Leoparden
ehr dem Puma zu. Auf die näheren Beweggründe möchte
ich hier und heute allerdings nicht mehr eingehen.
Als letztes noch ein Exposé zur Gattungsbezeichnung
Panthera. Damals wurde diese Gattung noch als Panthera Oken
bezeichnet. Oken, ebenfalls ein Forscher, verwendete diese
Bezeichnung wahrscheinlich nur als Sammelbegriff. Nach den
internationalen Nomenklaturregeln ist der Name Panthera
Oken aber nicht gültig. Andere Namen wie der von Leo
Brehm oder Panthera Tigris (mit großem T, das ist
ein Unterschied) hatten Vorrang. Da sich Panthera Oken aber
schon so eingebürgert hatte wurden ihm der Status eines
"nomen conservandum" zugestanden und kurzerhand
alle anderen Namen für unzulässig erklärt.
Es sollten so wichtige Namen nicht ständig geändert
werden lautete die damalige Begründung.
|
|
|
|
Für Informationen
über die allgemeine Taxonomie der Katzen und der Lebewesen,
gehen Sie bitte zur Seite allgemeine
Taxonomie. Sollten Sie noch Fragen zur Taxonomie des Tigers
haben, dann schreiben Sie mir bitte eine EMail: |
|
|
|
|
|
|
|